Russlands Industrieproduktion sinkt - um den Rubel stabil zu halten, müssten Rohstoffe knapp bleiben

"Diese Zahl reiht sich in eine Reihe von Hiobsbotschaften ein", sagt Maximilian Kühl, Senior Quantitative und Economic Researcher beim Hamburger Währungsspezialisten 7orca Asset Management. "Um den Wechselkurs des Rubels mittelfristig stabil zu halten, muss Russland auf weiterhin knappe Rohstoffe hoffen."

Jüngst veröffentlichte Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt in Russland zeigen, dass sich das Land bereits in einer tiefen Rezession befindet. Die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal schrumpfte um 4 % im Vergleich zum dritten Quartal im Jahr zuvor. "Die strukturelle Entkopplung vom Westen sollte mittelfristig zu starken weiteren Einbrüchen führen und langfristig das Wachstumspotential Russlands erheblich reduzieren", so Kühl.

Am Wechselkurs zeigt sich diese Entwicklung derzeit noch nicht: Der Rubel befindet sich seit Monaten auf Höchstständen zum US-Dollar und zum Euro. Nachdem die russische Zentralbank zu Beginn des Jahres die Zinssätze stark auf 20 % erhöht hatte, senkte sie den Zinssatz zuletzt auf nur noch 7,5 %, die Inflation ist relativ niedrig. "Dieses Bild ist jedoch verzerrt und insbesondere durch einen temporär sehr hohen Leistungsbilanzüberschuss zu erklären, der durch die hohen Rohstoffpreise der ersten Jahreshälfte zustande kam", erklärt Kühl.

Vor Ausbruch des Krieges wurden russische Rohstoffexporte insbesondere in Euro und US-Dollar beglichen, die Erträge wurden dann aus makroprudentiellen Gründen als Währungsreserven gelagert. "Auf seine Währungsreserven kann Russland nun wegen der Sanktionspolitik des Westens nur noch stark eingeschränkt zugreifen", so Kühl. Seit Jahresbeginn sind sie zudem um rund 15% gesunken. "Da sich Russland aus diesem Grund nun vermehrt im heimischen Rubel bezahlen lässt, erhöht sich die Nachfrage künstlich und stabilisiert so den Wechselkurs."

"Mit einer Normalisierung der Rohstoffpreise sollte dieser Effekt abklingen. Es bleibt fraglich, ob die russische Zentralbank dann erneut mit einem starken Anstieg der Zinssätze reagieren kann, denn die Staatsverschuldung in Russland ist auf einem Rekordhoch, der Zahlungsverkehr durch Sanktionen stark eingeschränkt und die russische Privatwirtschaft kaum in der Lage, sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Es bleibt für Russland nur die Hoffnung auf weitere Knappheit an den Rohstoffmärkten", so die Einschätzung des 7orca-Experten Kühl.