Neue Erkenntnisse im Schlachthof Skandal von Hürth: Knapp 100 Tiere wurden illegal geschlachtet

Versteckte Kameras filmten, wie Schafe und Rinder misshandelt und betäubungslos geschlachtet wurden. Auf Grund der Bildaufnahmen hatte das Veterinäramt den Schlachthof geschlossen, seitdem ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln wegen Tierquälerei. Nun liegen neue Erkenntnisse vor und bestätigen den Verdacht der sogenannten Schwarzschlachtungen. Als Schwarzschlachtung werden illegale Schlachtungen, die nicht bei der Behörde genehmigt worden sind, bezeichnet. So sind in dem Schlachthof Hürth Ende 2022 mind. 75 solcher Schwarzschlachtungen erfolgt. Nach Kenntnis von ANINOVA steht die Staatsanwaltschaft Köln kurz vor Abschluss der Ermittlungen. "Die Schwarzschlachtungen könnten das Strafmaß der Täter massiv erhöhen", vermutet Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender von ANINOVA. Weitere Informationen hier.

Anfang Januar 2023 hatte ANINOVA (damals unter dem Vereinsnamen Deutsches Tierschutzbüro) Bildmaterial aus dem Schlachthof "Mezbaha" in Hürth bei Köln veröffentlicht. Die Bildaufnahmen sind dem Verein zugespielt worden und im Zeitraum vom 25.12.2022 bis 04.01.2023 mit versteckter Kamera entstanden. Die veröffentlichten Bilder zeigen einen brutalen Umgang mit den Tieren. So wurden Schafe regelrecht an Beinen und Schwänzen in den Schlachtraum gezogen und Rinder mit Mistgabeln misshandelt. "Die Zustände in dem Betrieb gleichen einem Horrorfilm", so Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender von ANINOVA.

Die Liste der Verfehlungen ist lang. So wurden Tiere u.a. mangelhaft betäubt, doch der Hauptvorwurf ist, dass einige der Tiere sogar betäubungslos geschlachtet worden sind. Dazu wurden Schafe brutal auf den Boden gedrückt und ihnen ohne vorherige Betäubung die Kehle aufgeschnitten. Dabei ist das betäubungslose Schlachten von Tieren in Deutschland grundsätzlich verboten und nur mit einer Ausnahmegenehmigung zulässig. Eine solche lag dem Schlachthof in Hürth jedoch nicht vor. "Die Tierquälerei in dem Schlachthof ist kaum in Worte zu fassen, es ist sicherlich mit das schlimmste, was ich jemals gesehen habe", sagt Peifer.

Nach kurzer Sichtung hat die Tierrechtsorganisation damals das zuständige Veterinäramt informiert. Das Amt handelte sehr schnell, entzog den Mitarbeitenden die Schlachtlizenz und versiegelte den Schlachthof. "Bis heute ist der Schlachthof geschlossen und das ist auch gut so", sagt Peifer. Basierend auf dem Bildmaterial hat die Staatsanwaltschaft Köln die Ermittlungen aufgenommen (AZ 911 JS 190/23). "Nach unseren Informationen steht die Staatsanwaltschaft kurz vor dem Abschluss der Ermittlungen", so Peifer. Demnach stehen vier Mitarbeiter in Verdacht, Tieren erhebliche Leiden und Schmerzen zugefügt zu haben. Damit wäre der Straftatbestand der Tierquälerei erfüllt. Den Mitarbeitenden wurde bereits nach der Schlachthof-Schließung gekündigt und die Sachkunde vom Veterinäramt entzogen. Sie dürfen somit nicht mehr Tiere schlachten. Bei der Vernehmung durch die Polizei beteuerte ein Mitarbeiter, dass er persönlich nur ein- bis zweimal Tiere betäubungslos geschlachtet habe. Zufälligerweise sei das zu dem Zeitpunkt gewesen, während dem die Kameras den Schlachtraum aufgezeichnet haben. Die anderen Mitarbeitenden schweigen zu den Vorkommnissen. Der Betreiber selbst gibt an, dass er von all dem nichts gewusst haben will. "Das wirkt alles sehr unglaubwürdig", so Peifer.

Weiter wurde bekannt, dass die Auswertung der Elektrozange, die zum Betäuben von Schafen eingesetzt wird, eine Diskrepanz zwischen der Anzahl der Tiere, die dem Veterinäramt gemeldet worden sind, und der Anzahl der Betäubungen aufweist. Die Ermittlungen der Behörde zeigen zudem, dass Ende 2022 Schlachtungen von mind. 75 Schafen und Rindern ohne das Wissen des Veterinäramtes erfolgten und sie damit schwarzgeschlachtet wurden. Von den Schwarzschlachtungen muss der Betreiber gewusst haben, denn er hat die Schlachtungen nicht beim Veterinäramt angemeldet. Der Gesetzgeber sieht vor, dass jedes Tier vor der Schlachtung von einem Veterinär oder amtlichen Tierarzt begutachtet wird. Dieser muss die Schlachtfähigkeit bescheinigen. "Hier hat der Betreiber ganz bewusst die Behörde belogen, entweder, weil die Tiere so krank waren, dass sie nicht geschlachtet werden dürften, oder weil er die Einnahmen aus der Schlachtung nicht versteuern wollte", vermutet Peifer.

Auch wurde bekannt, dass Betreiber juristisch gegen die Schließung des Schlachthofes vorgegangen ist, auf Grund des Gegendrucks der Behörden dann aber davon abließ. "Ich bin sehr gespannt, welches Strafmaß die Staatsanwaltschaft fordert. Ich hoffe ein hohes, denn Tierquälerei muss hart bestraft werden", so Peifer abschließend.

ANINOVA rät allen Menschen, die solch eine Tierquälerei nicht unterstützen möchten, eine rein pflanzliche Lebensweise. Völlig gleich, ob betäubt oder nicht, Tiere leiden immer im Schlachthof und kein Tier geht freiwillig dorthin.

Weitere Informationen hier.

Bildmaterial auf Anfrage.